USA: Die Dominanz der „Magnificent 7"
LIQID Smart Letter
März 2024
Das Wichtigste in Kürze:
- Die Dominanz der als „MAG7” bezeichneten Aktien setzt sich auch 2024 fort, was zu immer höherer Marktkapitalisierung und einer steigenden Konzentration in breiten Indizes führt.
- Marktbeobachter äußern daher Bedenken darüber, dass die hohe Konzentration zu einem Risiko für die Aktienmärkte werden könnte.
- Wir erklären, warum Vergleiche der US-Technologiewerte mit der Dotcom-Blase zu kurz greifen und stellen das europäische Pendant zu den amerikanischen MAG7 vor.
In den letzten Monaten wurde bereits viel geschrieben über den Siegeszug der MAG7-Aktien. Gemeint ist ein Konglomerat aus Technologie-Riesen, die mittlerweile fast jedem Anleger ein Begriff sein dürften: Apple, Amazon, Alphabet, Meta, Microsoft, Nvidia und Tesla. Performance und Börsenwert dieser kleinen Gruppe an Unternehmen bringen Investoren seither zum Staunen und befeuern Diskussionen um Konzentrationsrisiken und Vergleiche mit der Dotcom-Blase.
Die MAG7 starten uneinheitlich ins Jahr 2024
Seit Anfang 2023 haben die MAG7 in Euro um mehr als 130 Prozent zugelegt und damit auch ihren Index, den S&P 500, um mehr als 30 Prozent in die Höhe getrieben. Dass die Performance übrigens auch innerhalb der MAG7 große Unterschiede aufweist, zeigt der Vergleich der Renditen seit Jahresanfang. Da gibt es einerseits den Chiphersteller Nvidia, dessen Marktkapitalisierung Ende Februar bereits kurzzeitig über 2 Billionen US-Dollar lag. Der Konzern hatte eine Steigerung der Gewinne im vierten Quartal 2023 von 769 Prozent gegenüber dem Vorjahr vermeldet. Ganz anders sah es dagegen beim Autohersteller Tesla aus, dessen Kurs seit Jahresbeginn zwischenzeitlich um über 20 Prozent gefallen ist (s. Abb. 1).
Neue Rekorde bei der Marktkapitalisierung
Für Kopfschütteln unter Kapitalmarktstrategen sorgt auch die Marktkapitalisierung der MAG7. Wie die Deutsche Bank ermittelte, würde der Börsenwert dieser 7 Aktien sie auf Platz zwei der größten regionalen Börsen der Welt katapultieren. Der Börsenwert von Unternehmen wie Apple und Microsoft ist ähnlich hoch wie der Wert aller börslich gelisteten Unternehmen in Ländern wie Frankreich, Saudi-Arabien und Großbritannien. Einen Rekord stellte auch die Aktie von Nvidia auf, als sie am Tag nach Bekanntgabe der Quartalsergebnisse 273 Milliarden US-Dollar an Marktkapitalisierung gewann und damit mehr als je zuvor ein Unternehmen an einem Tag.
Analysten äußern Bedenken
Im US-Index S&P 500 hat diese Entwicklung dazu geführt, dass die Konzentration so hoch ist wie nie zuvor. Die gesamte Marktkapitalisierung der MAG7 liegt bei über 13,2 Billionen US-Dollar und macht damit bereits knapp 30 Prozent der Marktkapitalisierung des Index aus, die auf knapp 45 Billionen kommt. Damit ist die Marktkapitalisierung der MAG7 in etwa dreimal so hoch wie das Bruttoinlandsprodukt von Deutschland, das für 2023 auf 4,4 Billionen US-Dollar geschätzt wurde.
Aufgrund der starken Konzentration wird sich die Entwicklung der hochkapitalisierten Aktien womöglich auch auf die Entwicklung anderer globaler Vermögenswerte auswirken. Hinzu kommt, dass die Aktien der MAG7 nach einer Umfrage der Bank of America unter Marktteilnehmern im Januar die beliebteste Handelsposition waren. Dieser „most crowded trade” zeigt das Anlageverhalten großer Investoren und Fondsmanager. Eine hohe Konzentration in einem bestimmten Marktsegment kann tendenziell zu höherer Volatilität führen und das Risiko von plötzlichen Kursverlusten steigern.
Warum diese Entwicklung nicht mit der Dotcom-Blase zu vergleichen ist
Aufgrund der enormen Konzentration und der beachtlichen Performance der MAG7-Aktien häufen sich mittlerweile die Vergleiche zwischen der aktuellen Marktentwicklung und der Kursentwicklung während der Internet-Blase vor 25 Jahren. Damals gehörten zu den wertvollsten Titeln neben Telekommunikations- und Technologieunternehmen wie Cisco, Intel und Microsoft auch Energie-Riesen wie Exxon und GE. Der Vergleich mit der Dotcom-Blase aus dem Jahr 2000 greift unserer Meinung nach aber aus einer Reihe von Gründen zu kurz.
Da sind zum Ersten die Gewinne der Technologieunternehmen. Diese stiegen gegenüber dem Vorjahresquartal um rund 60 Prozent und waren damit auch maßgeblich für die positive Gewinnentwicklung des S&P 500 Index verantwortlich, denn die Gewinne für die restlichen 493 Unternehmen sind im Gegenzug sogar leicht gesunken. Zum Zweiten sind Unternehmen immer besser darin geworden, Free Cash Flow (FCF) zu generieren – also liquide Mittel, die für Aktienrückkäufe, zur Auszahlung von Dividenden, zur Tilgung von Schulden oder Investitionen in Wachstum zur Verfügung stehen. Das gilt besonders für Technologiefirmen, die einen hohen Anteil ihrer Umsätze in Free Cash Flow umwandeln. Aber auch der breite US-Aktienmarkt hat in den letzten Jahren mehr und mehr Free Cash Flow generiert, was wiederum steigende Aktienrückkäufe und Dividendenausschüttungen ermöglichte (s. Abb.2).
Drittens liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis von US-Aktien mit etwa 22x zwar etwas über dem historischen Durchschnitt, aber noch weit unter den Bewertungsniveaus aus den späten 1990er-Jahren. Die MAG7 sind mit 30x zwar teurer bewertet, was in der Historie aber regelmäßig auf die Top-Titel aus dem S&P 500 zutraf. Dass die Gewinne der Unternehmen künstlich aufgebläht werden, ist ebenfalls unwahrscheinlich, da die Unternehmen aktuell eher Schwierigkeiten haben, günstig an Liquidität zu kommen. Im Gegenteil scheinen Unternehmen derzeit den Fokus darauf zu legen, freies Kapital möglichst effizient einzusetzen, was gegen „künstlich” aufgeblähte Gewinnerwartungen spricht. Die interessantere Frage ist daher, ob es den verbleibenden 493 Titeln aus dem Index gelingen wird, auch von dem Momentum und dem Siegeszug der künstlichen Intelligenz profitieren.
GRANOLAS – die MAG7 Europas
Wer bei Granola an Müsli denkt, hat vermutlich noch nicht vom europäischen Pendant zu den MAG7 gehört. Das Akronym wurde 2020 von Goldman Sachs erfunden und umfasst die elf wertvollsten Unternehmen Europas. Diese sind GSK, Roche, ASML, Nestlé, Novartis, Novo Nordisk, L’Oréal, LVMH, Astrazeneca, SAP und Sanofi. Neben der hohen Marktkapitalisierung vereint diese Aktien auch ein gutes Gewinnwachstum sowie stabile Margen und solide Bilanzwerte.
Während der letzten 3 Jahre hätte man mit diesen elf Aktien als Euro-Anleger zwar nicht ganz die Performance der MAG7 erzielt, die bei knapp 85 Prozent lag. Die Rendite der GRANOLAS lag mit knapp 71 Prozent aber dennoch deutlich über der des globalen Aktienmarktes in Höhe von 44 Prozent, gemessen am MSCI World Index (s. Abb. 3). Bemerkenswert ist auch, dass die GRANOLAS dieses Ergebnis bei deutlich geringerer Volatilität erzielt haben als die MAG7.
Was bedeutet das für die Märkte?
Die starken Gewinne der MAG7 deuten darauf hin, dass der jüngste Kursanstieg bei Aktien zwar erstaunlich, aber nicht unbegründet ist. Nach mittlerweile vier Monaten in Folge, in denen die Aktienmärkte kräftig gestiegen sind, wird eine gewisse Gegenbewegung wahrscheinlicher. Gegen einen Börsencrash des breiten Marktes oder das Platzen einer „Blase” wie zu Beginn des Jahrtausends spricht aber derzeit die Widerstandsfähigkeit der Märkte in einem Umfeld deutlich gestiegener Zinsen.
Falls sich die künstliche Intelligenz als nachhaltig umwälzend erweist, sollten auch andere Unternehmen nach und nach von gesteigerter Produktivität und höheren Gewinnen profitieren. So zeigt zumindest der Blick in die Vergangenheit, dass nach Phasen einer hohen Konzentration häufig auch der „Rest” eines Index mittelfristig auf die Performance der größten Unternehmen aufschließen konnte.
Langfristig orientierte Anleger sollten sich daher nicht von der Rendite und Konzentration einer Gruppe fünf, sieben oder elf Aktien verunsichern lassen. Mit einem breit diversifizierten Portfolio profitiert man heute ebenfalls von der Performance dieser Aktien und zudem zukünftig von der Performance der MAG7s und GRANOLAS von morgen.