Taktische Positionierung: Breite Positionierung nach Kursrally
LIQID Smart Letter
Februar 2024
Das Wichtigste in Kürze:
- Auch 2024 dürften vor allem die Zinsentscheidungen der Zentralbanken und die Entwicklung des Wirtschaftswachstums die Performance der Kapitalmärkte bestimmen.
- In Anbetracht der hohen Datenabhängigkeit und Unsicherheit halten wir an einer breiten Positionierung fest. Wir sind gegenüber Aktien und Anleihen weiter „neutral” positioniert.
- Wir bleiben skeptisch gegenüber schwächeren Emittenten und gewichten daher Hochzinsanleihen unter. Die Liquidität daraus halten wir taktisch vor. Die jüngsten Kursgewinne bei US-Aktien realisieren wir teilweise über ein Rebalancing.
Das Jahr 2024 hat ähnlich begonnen, wie das Jahr 2023 endete: Die Geopolitik beherrscht weiterhin die Schlagzeilen, die Zentralbanken ziehen viel Aufmerksamkeit auf sich, während sich die Finanzmärkte weiterhin stark auf kurzfristige Inflations- und Konjunkturdaten konzentrieren.
In den letzten Wochen ist die Wahrscheinlichkeit für eine „sanfte Landung” der Wirtschaft in den USA gestiegen. Diese Annahme bleibt daher unser Hauptszenario für die kommenden Monate. Der Marktkonsens erwartet für die USA im Jahr 2024 ein positives – wenn auch unter dem Potenzial liegendes – Wachstum in der Größenordnung von 1,40 Prozent. Unsere eigene Einschätzung geht in die gleiche Richtung und ist sogar noch etwas optimistischer.
Die Inflation in den USA hat sich in den letzten Wochen in Richtung der Komfortzone der US-Notenbank (FED) bewegt. Entsprechend hat der Markt begonnen, bis zu sechs Zinssenkungen in den USA einzupreisen. Unseres Erachtens ist die Erwartung eines deutlichen Rückgangs der US-Gesamtinflation etwas zu optimistisch, da die Basiseffekte aus dem Vorjahr auslaufen und sich die Wirtschaft insgesamt als widerstandsfähiger erweist als von vielen erwartet.
In Europa zeichnet sich ein anderes Bild ab. Die Schwäche des verarbeitenden Gewerbes, insbesondere in Zentraleuropa, wird zunehmend zum Problem. Im Gegensatz zu den USA zeigen unsere Modelle einen erneuten Anstieg der Rezessionswahrscheinlichkeit. Der Cocktail aus hohen Zinsen, volatilen Energiepreisen und strukturellen Problemen in Schlüsselbranchen wie der Automobilindustrie stellt eine enorme Herausforderung für die europäische Industrie dar. Die jüngsten Einkaufsmanagerindizes deuten auf eine leichte Verbesserung, insgesamt jedoch bestenfalls auf eine Stabilisierung hin. Aufgrund der rückläufigen Inflation und der schwachen Konjunkturindikatoren haben die Kapitalmärkte begonnen, bis zu sechs Zinssenkungen in der Eurozone bis Ende 2024 einzupreisen. Im Gegensatz zu den USA halten wir diese Erwartungen für relativ realistisch. Denn die Gefahr einer Rezession in der Eurozone erhöht den Druck auf die EZB, die Belastung durch die hohen Leitzinsen zurückzufahren.
Aus Sicht des Portfoliomanagements stellt sich die Frage, inwieweit diese Entwicklungen von den Finanzmärkten bereits antizipiert wurden. Wie in unserem letzten „Smart Letter” erwähnt, haben die Aktien- und Anleihenmärkte gegen Ende 2023 eine beeindruckende Rally hingelegt. Diese Entwicklung könnte einen Schritt zu schnell und zu weit gegangen sein, da sie auf der Erwartung deutlicher Zinssenkungen durch die Zentralbanken FED und EZB beruhte. Zusammen mit den höheren Bewertungsniveaus an den Aktienmärkten birgt dies das Risiko von Rückschlägen – ein Szenario, das bei geldpolitischen Wendepunkten der Zentralbanken relativ häufig auftritt.
Taktische Positionierung
Die Finanzmärkte scheinen das Jahr 2024 mit unterschiedlichen Aussichten für die verschiedenen Anlageklassen zu beginnen. Während die Aktienmärkte auf ein Szenario mit optimistischen Konjunkturannahmen setzen, konzentrieren sich die Anleihenmärkte auf einen raschen Rückgang der Inflation und eine mögliche „harte Landung” auf der Konjunkturseite. Auch 2024 dürften die geldpolitischen Entscheidungen der US-Notenbank die Gesamtperformance von Vermögenswerten bestimmen. Jedoch wird auch der Zustand der Wirtschaft bestimmen, in welche Richtung sich die Märkte bewegen.
In diesem Umfeld fühlen wir uns mit unserer Strategischen Anlageaufteilung (Abb. 1) gut aufgestellt und gehen daher auf Ebene der Anlageklassen keine Positionierungen gegenüber Aktien oder Anleihen ein. Auf Ebene der Unteranlageklassen haben wir Hochzinsanleihen taktisch untergewichtet und halten die frei gewordenen Liquidität in Geldmarktfonds vor.
Aktien: Positives Momentum hält weiterhin an
Das positive Momentum an den Aktienmärkten hat – mit Ausnahme Chinas – mittlerweile ein beachtliches Ausmaß angenommen. Der S&P 500 Index in den USA hat ebenso wie der DAX in Deutschland neue Allzeithochs erreicht. Treibende Kraft ist die anhaltende Bewertungsexpansion, insbesondere im Technologiesektor. Dagegen notiert der breitere Russell 2000 Index weit abgeschlagen.
Auch in Japan nehmen die Indizes nach rund 34 Jahren ein neues Allzeithoch ins Visier. Strukturellen Vorteilen wie einer deutlich aktionärsfreundlicheren Unternehmenspolitik stehen neue Risiken einer möglichen Trendwende in der japanischen Zentralbankenpolitik und damit potenziell mehr Gegenwind von der Währungsseite gegenüber. Unterstützt wird diese Entwicklung durch eine Verbesserung der Anlegerstimmung, wenngleich unsere Indikatoren noch keine antizyklischen Warnsignale erkennen lassen.
Schwachpunkt im aktuellen Umfeld ist die immer noch ambitionierte Bewertung der Aktienmärkte. Die Anleger scheinen eine optimistischere Konjunkturerwartung bereits eingepreist zu haben. Dies erhöht jedoch das Risiko von Enttäuschungen in den kommenden Monaten. Insgesamt erachten wir die Chancen und Risiken als ausgewogen und bleiben bei unserer neutralen Einstufung für Aktien.
Anleihen: Start ins neue Jahr mit leichter Trendwende
In den letzten Monaten des Jahres 2023 setzte sich an den Märkten zunehmend die Überzeugung durch, dass der Höhepunkt der Leitzinsen in diesem Konjunkturzyklus erreicht sei. In der Folge verlagerte sich der Fokus der Marktteilnehmer auf den Zeitpunkt der ersten Zinssenkung. Die Stimmung an den Märkten änderte sich schlagartig, als die US-Wirtschaftsdaten einen unerwartet schnellen Rückgang der Inflation signalisierten. Innerhalb weniger Wochen gingen die Zinsen über das gesamte Laufzeitenspektrum deutlich zurück, was zu kräftig steigenden Anleihekursen führe. Gleichzeitig setzte sich die Erwartung durch, dass die US-Notenbank FED die Zinsen im Jahr 2024 deutlich früher und schneller senken wird als bisher erwartet, was sich ebenfalls positiv auf die Kurse auswirkte.
Wir sind der Meinung, dass die Märkte etwas voreilig gehandelt haben, da die Marktteilnehmer nach wie vor dazu neigen, einzelne Aussagen und Datenpunkte überzuinterpretieren. Wir gehen zwar davon aus, dass sich die Inflation bei nachlassendem Wachstum und schwächer werdendem Arbeitsmarkt weiter ihrem Zielwert von 2 Prozent annähern wird, was eine Leitzinssenkung grundsätzlich rechtfertigt. Wir sind jedoch trotzdem der Ansicht, dass eine starke und schnelle Leitzinssenkung nur mit einer unerwartet starken Konjunkturabschwächung einhergehen wird.
Mit Blick auf Ende 2024 erwarten wir weiterhin ein sogenanntes „Bull-Steepening”, d.h. eine steiler werdende Zinskurve bei gleichzeitig sinkendem allgemeinen Zinsniveau. Zeitgleich dürfte aber die Unterstützung durch weiter fallende Zinsen deutlich geringer ausfallen. Insbesondere am langen Ende der Laufzeiten sehen wir nur noch geringes Potenzial, während am kurzen Ende im Bereich der zweijährigen Anleihen im Zuge der erwarteten Leitzinssenkungen noch etwas Spielraum nach unten bestehen sollte. Auf Sicht von sechs bis zwölf Monaten führt dies dazu, dass unsere Renditeerwartungen im Bereich zehnjähriger Staatsanleihen nur leicht über dem Niveau liegen, welches das aktuelle Zinsniveau impliziert. Angesichts der weiterhin inversen Zinsstrukturkurve bzw. der weiterhin höheren Zinsen bei kurzlaufenden Anleihen impliziert dies, dass das lange Ende an relativer Attraktivität verliert.
Nach dem starken Rückgang der Renditen langfristiger Staatsanleihen in den letzten Wochen des Jahres 2023 halten wir eine gewisse Gegenbewegung für wahrscheinlich. Abgesehen vom Segment der Hochzinsanleihen, in dem wir insbesondere die schwächsten Emittenten meiden, sind wir derzeit in allen anderen Bereichen „Neutral” positioniert. Bei Staatsanleihen bevorzugen wir den Laufzeitbereich von drei bis fünf Jahren, wo wir das beste Risiko-Rendite-Profil erwarten, während wir bei Unternehmensanleihen noch etwas kürzere Laufzeiten bevorzugen würden, um das Kreditrisiko zu begrenzen. Zur Absicherung gegen das Risikoszenario „harte Landung” würden wir auf Staatsanleihen mit längeren Laufzeiten setzen.
Was heißt das für LIQID Select?
Auf Ebene der Anlageklassen bleiben wir neutral positioniert und finanzieren eine erhöhte Liquiditätsquote ausschließlich aus einem Untergewicht in Hochzinsanleihen. Die deutlich gestiegenen Aktienkurse – insbesondere in den USA – haben zu performancebedingten Abweichungen geführt. Wir werden daher im Zuge einen Rebalancings Kursgewinne bei US-Aktien realisieren. Im Bereich der Schwellenländeranleihen nehmen wir einen weiteren Fonds in Portfolio und trauen uns wieder etwas mehr Duration zu.