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Family Office: Ein Deep-Dive in die Welt von Private Credit

LIQID Smart Letter

November 2023

Das Wichtigste in Kürze:

  • Private Credit umfasst alle Formen der Fremdkapitalfinanzierung von nicht börsengelistete Unternehmen.
  • Unternehmen profitieren von der sicheren Möglichkeit, Kapital beschaffen zu können und von der hohen Flexibilität der Kreditgeber.
  • Für Anleger bietet Private Credit sichere Kapitalflüsse und das Potenzial zur Portfoliodiversifikation.
  • Family Offices investieren systematisch und konstant in Private Credit, um ihr Portfolio zu optimieren und von den Chancen der Anlageklasse zu profitieren.

In der dynamischen Welt der alternativen Anlagen hat sich Private Credit als eine vielseitige und attraktive Anlageklasse herauskristallisiert. Family Offices, die ihre Portfolios diversifizieren und attraktive risikobereinigte Renditen erzielen wollen, nutzen Private Credit schon lange als einen wichtigen Portfoliobaustein. Wir erklären Ihnen, was Private Credit ist, welche Bedeutung es hat, welche verschiedenen Formen es gibt und wie Sie das Potenzial der Anlageklasse ausschöpfen können.

Was ist Private Credit?

Private Credit, auch bekannt als Direct Lending oder Private Debt, ist eine Form der Fremdkapitalfinanzierung von privaten Unternehmen. Auch Unternehmen abseits der Börse sind auf Kredite angewiesen, um zum Beispiel Investitionen und Expansionen zu finanzieren oder Altschulden abzulösen. Private Credit beschreibt die Vergabe von Darlehen oder Krediten an nicht börsennotierte Unternehmen in der Regel durch spezialisierte Private-Credit-Manager. Private Credit kann dabei anders als reguläre Bankkredite eine Vielzahl an Formen annehmen. Ein großer Vorteil der Anlageklasse liegt nämlich darin, dass Unternehmen zusammen mit ihren Private-Credit-Partnern individualisierte Lösungen ausarbeiten können. Private Credit bietet nicht-börsennotierten Unternehmen also eine Form der Finanzierung, die sicheres Kapital gewährleistet und zu einem hohen Grad an die Bedürfnisse der Unternehmen angepasst werden kann. Genau darin liegt auch der Reiz der Anlageklasse.

 

Warum ist Private Credit für Family Offices relevant?

Insbesondere im Niedrigzinsumfeld der letzten Jahre eröffnete Private Credit Finanzinvestoren eine Möglichkeit, verlässlich feste Renditen zu erzielen. Auch in dem sich verändernden makroökonomischen Umfeld des laufenden Jahres bleibt die Anlageklasse aus einer Reihe von Gründen hoch relevant:

Stetiges Einkommen: Private-Credit-Anlagen werfen in der Regel gut prognostizierbare Zinserträge ab. Das macht sie zu einer attraktiven Wahl für Anleger, die stabile Cashflows suchen. In Kombination mit anderen alternativen Anlageklassen, bei denen Rückflüsse normalerweise erst nach einigen Jahren zu erwarten sind, kann eine Investition in Private Credit also dazu beitragen, die J-Curve abzumildern.

Diversifizierung: Private Credit bietet eine weitere Möglichkeit, ein Portfolio über die traditionellen Anlageklassen wie Aktien und Anleihen hinaus zu diversifizieren. So kann das Gesamtrisiko eines Portfolios weiter effektiv verringert werden.

Risikomanagement: Die Kredite sind in der Regel mit Sicherheiten hinterlegt. Das bedeutet, dass im Falle eines Konkurses die Kreditgeber einen Großteil ihres Kapitals zurückerhalten, meist sogar den vollen Einsatz. Außerdem haben Unternehmen in der Regel gewisse Auflagen, die eine zusätzliche Ebene der Risikokontrolle und potenziellen Verlustbegrenzung bieten.

Geringe Korrelation: Die Renditen von Private Credit weisen eine geringe Korrelation mit den Bewegungen an den öffentlichen Kapitalmärkten auf. Das trägt systematisch zur Stabilität des Portfolios in einem wirtschaftlichen Abschwung bei und verbessert das Rendite-Risiko-Profil eines Portfolios.

Aus all diesen Gründen ist Private Credit für Family Offices schon lange ein wichtiger Bestandteil ihres Portfolios. Deshalb allokieren sie in der Regel einen Teil ihres Portfolios in die Anlageklasse. 

Die Assetallokation von Family Offices – 2022

22 Assetallokation von Family Offices
Quelle: UBS Global Family Office Report 2023

Welche Formen von Private Credit gibt es?

Die Anlageklasse Private Credit verzeichnet gerade seit der Coronakrise ein erstaunliches Wachstum. Während Private-Credit-Fonds im Jahr 2020 lediglich 89,3 Milliarden US-Dollar eingesammelt haben, ist das Gesamtvolumen des Marktes 2023 bereits auf 121,9 Milliarden US-Dollar angewachsen. Interessant hierbei: Die Gesamtzahl der Fonds hat in derselben Zeit abgenommen. Das bedeutet, dass weniger Manager in der Lage sind, mehr Kapital für ihre Strategien einzusammeln.

Fundraising im Private Credit – 2018 bis 2023

23 Private Credit Fundraising
Quelle: PitchBook. Stand: Juli 2023.

Private Credit gibt es in vielen verschiedenen Formen. Alle haben einen anderen Zweck und weisen unterschiedliche Risiko-Rendite-Profile auf. Wie bereits erwähnt, ist Private Credit eine hochflexible Anlageklasse, in der Finanzierungen an die individuellen Bedürfnisse von Unternehmen angepasst werden können. Die häufigsten Formen von Private Credit sind unter anderem:

Direct Lending: Die am weitesten verbreitete Form von Private Credit ist das Direct Lending. Diese umfasst die direkte Kreditvergabe von Private-Credit-Fonds oder anderen institutionellen Investoren an Zielunternehmen. Oft wird Geld von Anlegern gebündelt und Kredite gezielt an einen diversifizierten Kreis an Zielunternehmen vergeben. Das Risiko der Subanlageklasse hängt direkt von der Kreditwürdigkeit der Zielunternehmen und der Laufzeit der Kredite ab. Die festgelegten Zinszahlungen entschädigen die Anleger, je nachdem, wie groß das aufgenommene Risiko ist.

Mezzanine: Mezzanine-Finanzierungen kombinieren Elemente von Fremd- und Eigenkapital. Sie bieten höhere Renditechancen, aber auch ein höheres Risiko. Das liegt daran, dass die Kredite in der Regel nachrangig sind. Damit werden Auszahlungen erst getätigt, nachdem andere Fremdkapitalgeber bedient worden sind.

Special Situations: Special-Situations-Kredite werden auf Grundlage anderer Faktoren als den typischerweise zugrunde liegenden Unternehmensdaten gewährt. Special-Situations-Fonds zielen auf Unternehmen ab, deren Wert durch bestimmte besondere Ereignisse beeinflusst wird. Hierzu gehören etwa Unternehmensausgliederungen, Fusionen und Übernahmen oder Übernahmeangebote. Die Fondsmanager tätigen hierbei sowohl Fremd- als auch Eigenkapitalinvestitionen und bieten einen individualisierten Ansatz, um Finanzierungen umzusetzen, die sich aus besonderen Umständen ergeben. Ein Beispiel für so eine besondere Transaktion, bei der auch Private Credit genutzt wurde, ist die kürzlich durchgeführte Take-Private-Transaktion von OHB durch KKR.

Distressed: Im Distressed-Bereich übernehmen Private-Credit-Manager bestehende Verbindlichkeiten von Unternehmen, die sich in Schieflage befinden oder gewähren neue Kredite. Diese Form des Private Credit bietet die größten Renditechancen, ist aber auch mit dem größten Risiko verbunden. Manager müssen sicherstellen, dass die Unternehmen, die sie finanzieren, eine signifikante Chance haben, durch das bereitgestellte Kapital wieder profitabel zu werden. Wenn die Unternehmen dies nicht schaffen, besteht die Möglichkeit des Kapitalverlusts für die Fremdkapitalgeber.

Anteil der Private-Credit-Subanlageklassen am Gesamtmarkt – 2022

24 Anteil der Private-Credit-Subanlageklassen am Gesamtvolumen
Quelle: McKinsey Global Private Markets Review 2023.

Direct Lending war im Jahr 2022 mit etwa 51 Prozent die größte Subanlageklasse im Bereich Private Credit. Special Situations und Mezzanine folgen mit etwa 22 und 21 Prozent auf den Plätzen zwei und drei. Distressed Private Credit ist mit rund sechs Prozent die kleinste der relevanten Subanlageklassen, was zeigt, dass diese Anlageklasse nur in Ausnahmesituationen zum Vorschein kommt.

 

Wie investieren Family Offices in Private Credit?

Family Offices investieren in die ganze Bandbreite des Private-Credit-Universums. Gerade im Bezug auf die Konstanz der Kapitalflüsse bietet Private Credit eine wichtige Alternative zu anderen Anlageklassen.

Direkte Investitionen: Einige Family Offices bauen ihre eigenen Kreditplattformen auf. Über diese können Sie Kredite direkt an Unternehmen aus ihrem Netzwerk vergeben und aktiv das Risiko ihrer Investitionen überblicken. Die Voraussetzung hierfür: ein ausgebautes Netzwerk an Unternehmern und ein dediziertes Kredit-Team im Family Office.

Private-Credit-Fonds: Genau wie andere institutionelle Investoren investieren Family Offices in Private-Credit-Fonds. Die Manager dieser Fonds weisen oft langjährige Erfahrungen im Bereich Private Credit auf und sind in der Lage, maßgeschneiderte Finanzierungslösungen für ihre Zielunternehmen zu entwickeln. Family Offices profitieren hierbei von ihren bestehenden Beziehungen zu wichtigen Investmentbanken und Investitionsplattformen, die oft neben ihrem Private-Equity-Angebot auch spezielle Private-Credit-Programme anbieten. Der große Vorteil hierbei: Die Bündelung von Kapital in einem Fonds bietet weiteres Potenzial zur Diversifizierung über eine Vielzahl an Zielunternehmen. Beispiele großer Private-Equity-Fondsmanager, die sich in den letzten Jahren durch Engagement in Private Credit zu “Plattformen” weiterentwickelt haben, sind Blackstone, KKR und Carlyle.

Co-Investments: Die Investition an der Seite von Private-Credit-Manager, das sogenannte Co-Investment, ist eine direkte Form der Investition, bei der Family Offices vom Netzwerk und er Expertise der Manager aus ihrem Netzwerk profitieren können. Wenn Manager eine Private-Credit-Transaktion planen, suchen sie sich oft Co-Investoren, welche die Transaktion mitfinanzieren. So kann das jeweilige Investment in einem überschaubaren Rahmen bleiben und das Risiko über verschiedene Kreditgeber geteilt werden. Gleichzeitig sparen sich Family Offices so die Verwaltungsgebühren für die Manager.

Family Offices schätzen die Vielfältigkeit von Private Credit. Die Anlageklasse bietet einen wichtigen Schlüssel zur Diversifikation eines professionellen Portfolios. Dies ist genau im Einklang mit der langfristigen Perspektive, die Family Offices in der Regel verfolgen. Auch deshalb ist die Anlageklasse ein fester Bestandteil der Family-Office-Allokation.

In Kürze: Private Credit bietet Family Offices eine Möglichkeit, stetige Erträge zu erwirtschaften. Durch Direktinvestitionen, die Zeichnung von Fonds oder Co-Investments können Family Offices das Potenzial von Private Credit nutzen, um ihre langfristigen finanziellen Ziele zu erreichen und gleichzeitig ihr Vermögen für künftige Generationen zu bewahren.