In welche Unternehmen investiert Private Equity?

In diesem Beitrag erfahren Sie, welche Unternehmen im Fokus von Private-Equity-Managern sind, nach welchen Kriterien sie bei der Auswahl vorgehen und welche Erfolgsgeschichten der Sektor bereits hervorgebracht hat.
10.4.2025
5 Minuten
Sebastian Knüchel

Um kaum eine Anlageklasse ranken sich so viele Mythen wie um Private Equity. Gerade in Deutschland genießt die Anlageklasse einen durchwachsenen Ruf – Stichwort „Heuschrecken”. Dabei ist diese Investitionsform für viele Unternehmen ein wichtiger Wachstumshebel. Private-Equity-Manager erwerben kontrollierende Mehrheitsbeteiligungen an privaten Unternehmen oder übernehmen börsennotierte Unternehmen, die sie zurück in private Hände führen. Damit eröffnet die Anlageklasse den Zugang zu einem Universum von Unternehmen abseits der Börse.

Warum das relevant ist: Aktienerwerb bei börsengelisteten Unternehmen ist eine Form der Eigenkapitalbeteiligung. Im Gegensatz zu dieser eher kurzfristig angelegten Investition verfolgt Private Equity aber deutlich langfristigere unternehmerische Ziele für seine Portfoliounternehmen.

Investitionen jenseits der Börse

Im Jahr 2024 gab es in Deutschland etwa 470 börsennotierte Unternehmen. Zum Vergleich: Im selben Jahr zählte das Handelsregister über 20.000 Kleine und Mittlere Unternehmen (KMU) mit einem Umsatz über 50 Millionen Euro. Der größte Teil der wirtschaftlichen Wertschöpfung, genauer gesagt 98 Prozent, findet also jenseits der Börse statt. Und genau hier setzt Private Equity an, um Anlegern einen Zugang zu neuen Möglichkeiten zu verschaffen und ihr Anlageuniversum zu erweitern.

Quellen: Statistisches Bundesamt, Deutsche Börse, Stand: April 2025. Hinweis: Private Unternehmen beinhalten ausschließlich Großunternehmen mit einem Umsatz von mehr als 50 Mio. €.

Besonders spannend: Trotz dieser offensichtlichen Asymmetrie in der schieren Breite an Anlageoptionen entsteht schnell der Eindruck, der Großteil aller Unternehmen würde alleine an der Börse gehandelt. Dabei finden sich viele der spannendsten Erfolgsstorys unserer Zeit eben nicht an den Börsen. Insgesamt ist das Wachstumspotenzial bei Unternehmen in privater Hand häufig größer als bei öffentlich gehandelten Unternehmen. 

Auch in den USA befinden sich 85 Prozent aller Unternehmen mit einem Umsatz über 100 Millionen US-Dollar in privater Hand. In ein breites Spektrum an Wachstumsthemen, wie vielversprechende Technologien oder neue Trends im Gesundheitswesen, können Anleger derzeit oftmals ausschließlich über Private Equity investieren.

Unternehmen verlassen die Börse

In den vergangenen Jahren ist die Anzahl der börsennotierten Unternehmen sowohl in Europa als auch in den USA kontinuierlich zurückgegangen. Der geringere Kapitalbedarf digitaler Geschäftsmodelle, die hohen regulatorischen Anforderungen an börsennotierte Unternehmen und die hohen Kosten für einen Börsengang verstärken diesen Trend.

Welche Arten von Unternehmen stehen im Fokus von Private-Equity-Investoren?

Grundsätzlich lassen sich vier verschiedene Szenarien im Bereich Private Equity unterscheiden, die für Manager interessant sein können.

  1. Etablierte Unternehmen mit Optimierungspotenzial: Hierzu zählen mittelständische oder große Unternehmen mit stabilen Cashflows, aber operativen Schwächen, die durch Restrukturierung verbessert werden können. Der Fokus liegt insbesondere auf Branchen mit Konsolidierungspotenzial (etwa Zukäufe und Fusionen).
  2. Wachstumsunternehmen (Growth Equity): Darunter fallen Unternehmen mit starkem Umsatzwachstum mit Fremdkapitalbedarf zur weiteren Skalierung. Diese Unternehmen finden sich oft in den Bereichen Technologie, Gesundheitswesen oder erneuerbare Energien. Hier unterstützen Private-Equity-Manager mit Kapital und Know-how.
  3. Unternehmen in Sondersituationen (Distressed Assets): In diese Kategorie gehören Firmen in wirtschaftlicher Schieflage bis hin zur Insolvenz. Private-Equity-Investoren übernehmen, restrukturieren und zielen so auf eine Wertsteigerung ab.
  4. Start-ups (Venture Capital): Folgt man dem klassischen Schema, gehören auch Investitionen in sehr junge, innovative Unternehmen mit hohem Wachstumspotenzial zum Oberbereich Private Equity. Bei LIQID trennen wir Venture Capital allerdings von Private Equity, da beides separat investierbar ist.

Nach welchen Anlagekriterien selektieren Private-Equity-Manager?

Es gibt eine Reihe von Kriterien, die Private-Equity-Manager vor einem Investment genau prüfen. Dies ist eine Auswahl der wichtigsten Faktoren aus Private-Equity-Sicht:

  1. Profitabilität & Cashflow: Private-Equity-Fonds bevorzugen Unternehmen mit stabilem oder verbesserbarem Cashflow.
  2. Skalierbarkeit & Marktpotenzial: Bei der Selektion von Portfoliounternehmen stehen Wachstumsmöglichkeiten und skalierbare Geschäftsmodelle im Fokus.
  3. Marktstellung & Wettbewerbsvorteil: Starke Marken, Branchen mit hohen Markteintrittsbarrieren oder nicht kopierbare Geschäftsmodelle sind besonders attraktiv.
  4. Management-Team: Ein erfahrenes Management mit gutem Track-Record ist ein großer Pluspunkt für Unternehmen. Private-Equity-Manager setzen allerdings gerne auf eigene Manager oder Berater.
  5. Exit-Möglichkeiten: Ein Investment braucht gute Exit-Szenarien. Dazu können entweder Verkäufe an andere Investoren oder Börsengänge gehören. Manager überlegen oft schon beim Einstieg, wie und an wen sie das Unternehmen erfolgreich verkaufen können.
Sebastian Knüchel

Investment Associate, Asset Management, LIQID

Sebastian ist Investment Associate im Asset-Management-Team bei LIQID. Neben seiner Tätigkeit in der Produktentwicklung sowie der internen und externen Kommunikation, verfasst er Artikel rund um das Thema Private Markets.

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