Wie schafft Private Equity Wert?

Private-Equity-Investoren bringen sich aktiv in die Wertschöpfung ihrer Portfoliounternehmen ein, um so den Erfolg ihrer Anlage zu maximieren. Wie sie dabei genau vorgehen, erfahren Sie in diesem Artikel.
1.9.2023
6 Minuten
Sebastian Knüchel

Während Aktieninvestoren auf die positive Entwicklung ihres Portfolios hoffen müssen, können Private-Equity-Manager den Wert ihrer Beteiligungen aktiv steigern. Private Equity genießt strukturelle Vorteile über den gesamten Investmentprozess. Diese sind der entscheidende Grund für eine konsistente Überrendite gegenüber dem Aktienmarkt.‍

Die wichtigsten Hebel für die Wertschöpfung

Private-Equity-Manager können mögliche Beteiligungen vor dem Erwerb eingehend prüfen und sie unterstützt von Fremdkapital kaufen. Weil sie ihre Portfoliounternehmen mehrheitlich kontrollieren, können sie vor allem aber Maßnahmen zur operativen und strategischen Wertschöpfung umsetzen, die Aktieninvestoren nicht offenstehen. 

Während früher der Einsatz von Fremdkapital eine große Rolle hatte, liegt der Fokus von Private Equity inzwischen immer deutlicher auf der operativen Verbesserung von Portfoliounternehmen.

Quelle: Bain Private Equity Report 2022.

Welche Aspekte besonders erfolgversprechend sind, hängt vom Einzelfall ab. Generell erstrecken sich die strukturellen Vorteile von Private Equity über den gesamten Investmentprozess:

Deal Sourcing

‍Private-Equity-Investoren haben die Möglichkeit, in ein deutlich größeres Anlageuniversum zu investieren, als dies Investoren an den öffentlichen Kapitalmärkten möglich ist. Viele Private-Equity-Firmen beschäftigen spezialisierte Research-Teams für einzelne Branchen. Ein wichtiger Teil des Investmentprozesses ist der Aufbau von Beziehungen mit den Gesellschaftern und dem Management von potenziellen Zielunternehmen, die einem Fonds im besten Fall privilegierte Einblicke oder gar eine exklusive Kaufoption bieten.

Due Diligence

Bevor Private-Equity-Firmen ein Unternehmen erwerben, verschaffen sie sich ein ganzheitliches Bild von dessen Geschäft und Marktumfeld. Finanzstrukturen, Vermögenswerte, Humankapital sowie rechtliche, ökologische und technische Aspekte werden in einer rigorosen Due-Diligence-Prüfung analysiert. Die hierbei erhaltenen „Insiderinformationen“ gehen weit über die Jahresberichte und Quartalsergebnisse hinaus, die Anlegern am Kapitalmarkt zur Verfügung stehen, und sind dabei natürlich vollkommen legal.

Hebel beim Kauf

Investitionsthese: Nach ihrer Due-Diligence-Prüfung entwickeln Private-Equity-Manager eine detaillierte Investitionsthese, also einen Plan für wertsteigernde Maßnahmen nach einem Erwerb. Dazu gehören beispielsweise die Angleichung der Anreize für das Management und Mitarbeiter durch Beteiligungen, strategische Akquisitionen, geografische Expansion, Entwicklung neuer Produkte oder die Konzentration auf Kernaktivitäten.

Investition und Leverage-Effekt: Obwohl Private-Equity-Fonds Zugang zu erheblichen Eigenkapitalreserven haben, werden vor allem Käufe im Buyout-Segment generell teilweise mit Fremdkapital finanziert. Deshalb werden Buyout-Transaktionen auch Leveraged Buyouts genannt. So können Private-Equity-Manager einerseits ihr Eigenkapital für weitere Transaktionen einsetzen und andererseits gleichzeitig ihre Eigenkapitalrendite erhöhen. 

Die positiven Effekte des Fremdkapitals, auch Leverage-Effekt genannt, machen heute typischerweise zehn bis 15 Prozent der von Private-Equity-Fonds erzielten Renditen aus. Natürlich birgt der Einsatz von Fremdkapital auch Risiken: Er erhöht das Verlustrisiko. Um dieses Risiko zu mindern, suchen Buyout-Fonds in der Regel nach Unternehmen mit stabilen Cashflows, die ihre Verpflichtungen verlässlich bedienen können.

Hebel für die Wertsteigerung

Operative und strategische Entwicklung: Große Private-Equity-Fonds arbeiten in mehreren sektorspezifischen Teams und beschäftigen ehemalige Führungskräfte, Gründer und Unternehmensberater, die über die entsprechenden Erfahrungen und Netzwerke verfügen, um Portfoliounternehmen operativ und strategisch weiterzuentwickeln. Diese sogenannten Operating Partner nehmen nicht nur Sitze in Aufsichtsräten ein, sondern unterstützen das Management der Unternehmen auch im Alltag.

Finanzielle Optimierung: Private-Equity-Fonds helfen ihren Portfoliounternehmen beim Zugang zu Krediten, bei der Durchführung von Add-on-Akquisitionen („M&A“) und bei der Optimierung ihrer Kapitalstruktur. Große Fonds verfügen über eigene Kapitalmarktteams, die den Portfoliounternehmen beratend zur Seite stehen. Das verschafft den Portfoliounternehmen einen finanziellen und strategischen Vorteil gegenüber ihren Wettbewerbern.

Management-Optimierung: Um die Gesamtleistung und das Engagement der Mitarbeiter zu steigern, machen Private-Equity-Manager Führungskräfte und Mitarbeiter regelmäßig durch Aktien und Optionen zu Anteilseignern des jeweiligen Portfoliounternehmens. Darüber hinaus nutzen die Fonds ihre Netzwerke, um das bestehende Management-Team zu verbessern und zu erweitern.

Buy and Build: Der strategische Kauf eines Plattformunternehmens mit der Absicht, mehrere Add-on-Akquisitionen zu tätigen, ist ein gängiger Ansatz zur Wertschöpfung bei Buyout-Fonds. Ergänzende Produkte und Dienstleistungen sowie höhere Produktionsvolumina wirken sich positiv auf die Stückkosten und Margen aus. 

Außerdem erhöhen Unternehmenszukäufe den Marktanteil des Plattformunternehmens. Add-on-Akquisitionen können sowohl horizontal (ähnliche Produkte, gleicher Markt) als auch vertikal (Vorprodukte oder Distributoren) erfolgen.

Die endgültige Bewertung eines Plattformunternehmens kann dabei deutlich höher ausfallen als die Summe der Bewertungen der einzelnen Teilunternehmen.

Hebel beim Verkauf

Im Rahmen der Laufzeit ihrer Fonds können Private-Equity-Manager den Zeitpunkt und die Art und Weise der Veräußerung einzelner Portfoliounternehmen nach eigenem Ermessen bestimmen und die optimalen Marktbedingungen für den Ausstieg abwarten. Auch hier stehen ihnen ihre Kapitalmarktexperten beiseite.

In Kürze: Operative und strategische Verbesserungen machen heute 70 bis 80 Prozent der Wertschöpfung in Private Equity aus. Über den gesamten Wertschöpfungsprozess haben Private-Equity-Manager die Möglichkeit, Mehrwert für ihre Portfoliounternehmen und damit letztendlich auch für ihre Investoren zu generieren.
Sebastian Knüchel

Investment Associate, Asset Management, LIQID

Sebastian ist Investment Associate im Asset-Management-Team bei LIQID. Neben seiner Tätigkeit in der Produktentwicklung sowie der internen und externen Kommunikation, verfasst er Artikel rund um das Thema Private Markets.

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