Ein Paradigmenwechsel an den Kapitalmärkten?
LIQID Smart Letter
Jahrelang galten die USA als unangefochtene Leitnation der globalen Wirtschaft. Insbesondere in Sachen Kapitalmarkt. Europa war bei internationalen Anlegern höchstens 2. Wahl. Die jüngsten Entwicklungen sprechen allerdings eine andere Sprache: Während die USA mit Wachstumsängsten und schwachen Wirtschaftsdaten kämpfen, wächst in Europa der Optimismus. Fiskalische Impulse und groß angelegte Investitionsprogramme könnten für einen neuen wirtschaftlichen Aufschwung sorgen. Doch ist das wirklich der Beginn einer nachhaltigen Verschiebung der wirtschaftlichen Machtverhältnisse? Wir werfen einen genaueren Blick auf die Entwicklungen hinter dieser möglichen Zeitenwende.
Wachstumssorgen in den USA: Das Ende der ökonomischen Ausnahmeerscheinung?
In den vergangenen Jahren dominierten die US-Wirtschaft und ihre Kapitalmärkte, angetrieben von der herausragenden Performance der Magnificent 7. Doch zuletzt zeigten sich Risse im Fundament: US-Aktien sind seit ihren Höchstständen im Februar in eine Korrektur abgerutscht, also um mehr als 10 Prozent gefallen. Gleichzeitig sind die Renditen zehnjähriger US-Staatsanleihen um 20 Basispunkte gesunken. Diese Entwicklungen spiegeln wachsende Unsicherheit wider.

Die von US-Präsident Trump eingeführten Zollerhöhungen dürften nicht nur den Handel belasten, sondern haben auch Vergeltungsmaßnahmen der wichtigsten Handelspartner nach sich gezogen. Gleichzeitig haben enttäuschende Wirtschaftsdaten das Vertrauen der Investoren erschüttert: Die realen Konsumausgaben schrumpften im Januar ungewöhnlich stark, das Verbrauchervertrauen fiel und die Handelsbilanz verschlechterte sich durch eine importgetriebene Belastung des BIP-Wachstums. Die Folge: Die ökonomische Ausnahmeerscheinung der letzten Jahre scheint an Momentum zu verlieren.
Europa auf Wachstumskurs: Deutschland als neuer Impulsgeber
Während die Unsicherheiten in den USA steigen, sendet Europa positive wirtschaftliche Signale. Besonders Deutschland rückt dabei in den Fokus. Der Bundestag hat ein ambitioniertes Fiskalprogramm angekündigt: Ein Sonderfonds von 500 Milliarden Euro soll über die nächsten zehn Jahre in Infrastrukturprojekte wie Verkehr, Energie und Digitalisierung sowie in Verteidigung fließen. Diese geplanten Investitionen treiben nicht nur das Wirtschaftswachstum, sondern erhöhen auch den Inflationsausblick – ein zentraler Grund für den jüngsten Kursanstieg bei europäischen und vor allem deutschen Aktien und den Abverkauf von Anleihen.

Umschichtung an den Kapitalmärkten: Investoren setzen auf Europa
Die Marktbewegungen der letzten Monate zeigen eine deutliche Trendwende: Während US-Aktien seit Jahresbeginn stagnieren, haben europäische Märkte um über 9 Prozent zugelegt (MSCI Europe Index; Stand: 18.3.2025). Zehnjährige US-Staatsanleihen verzeichneten einen Renditerückgang um 20 Basispunkte, während deutsche Bundesanleihen einen deutlichen Renditeanstieg von 50 Basispunkten erlebten – ein Zeichen für eine Neubewertung der wirtschaftlichen Perspektiven. Auch die Risikowahrnehmung der Anleger spiegelt diesen Wandel wider: Während sich die Kreditrisikoprämien in Europa stabilisieren, steigen sie in den USA, was auf eine wachsende Unsicherheit hinsichtlich der künftigen wirtschaftlichen Entwicklung hindeutet.
Nachhaltiger Trend oder kurzfristige Rotation?
Die entscheidende Frage bleibt: Handelt es sich um eine nachhaltige Entwicklung oder lediglich um eine temporäre Umschichtung? Während europäische Aktien weiterhin mit einem Abschlag im Vergleich zu US-Titeln gehandelt werden, verbessert sich die Gewinndynamik in Europa spürbar. Zudem sind die Bewertungen in den USA historisch hoch, mit einem Aufschlag von rund 15 Prozent gegenüber ihrem 10-Jahres-Durchschnitt. Dies könnte sie insbesondere in einem wirtschaftlich unsicheren Umfeld anfällig für Korrekturen machen. Die stärkere Binnenmarktorientierung europäischer Unternehmen könnte sich in diesem volatilen Umfeld als Vorteil erweisen.

Fazit: Europa im Aufwind, USA vor Herausforderungen
Die jüngsten Entwicklungen könnten den Beginn einer strukturellen Verschiebung in den globalen Kapitalströmen markieren. Obwohl Europa durch massive Infrastrukturinvestitionen und fiskalische Impulse einen neuen wirtschaftlichen Aufschwung erlebt, darf die Innovationskraft der USA nicht unterschätzt werden. Besonders im Bereich der Künstlichen Intelligenz sind die Vereinigten Staaten weiterhin weltweit führend und könnten langfristig entscheidende Wettbewerbsvorteile haben. Klar ist: Ein breit diversifiziertes Portfolio bleibt essenziell, um langfristig von globalen Wachstumschancen zu profitieren und sich optimal gegen konjunkturelle Risiken abzusichern.
Gut zu wissen: Ein ausgewogenes und aktives Portfolio wie LIQID Select kann helfen, Marktrisiken gezielt zu steuern und breite Abwärtsbewegungen abzumildern. Durch einen modularen Ansatz mit diversifizierten Portfoliobausteinen entsteht eine flexible und optimierte Vermögensstruktur. Die Kombination aus kosteneffizienten ETFs und aktiven Fonds, die Konzentrationsrisiken großer Tech-Werte gezielt abmildern, verbessert das Rendite-Risiko-Profil. Auch die Beimischung von Hedgefonds kann der Verringerung von Wertschwankungen auf Ebene des Gesamtportfolios dienen: Dieser Effekt hat sich bereits im turbulenten Jahr 2022 bewährt, als konservative LIQID Select Portfolios weniger als 10 Prozent verloren, während Aktien und Anleihen zweistellige Verluste verzeichneten. Unser Investment-Team setzt zudem auf taktische Über- und Untergewichtungen, um Marktchancen optimal zu nutzen und Risiken zu begrenzen. Allerdings gibt es auch Marktphasen – wie anhaltend steigende Märkte – in denen LIQID Select nicht notwendigerweise eine höhere Rendite erzielen kann als passive Portfolios wie LIQID Global.