Private Markets

Galaktischer Deal: KKR kauft Bremer Satellitenhersteller OHB

LIQID Smart Letter

Oktober 2023

Das Wichtigste in Kürze:

  • Private-Equity-Fonds können mehr als klassische Buy­outs. Sie gehen auf die Bedürfnisse der Unternehmen und Unternehmer ein.
  • Der amerikanische Manager KKR zeigt bei der OHB-Transaktion, wie Private Equity Unternehmen in Son­der­si­tu­atio­nen unterstützen kann.
  • Das Unternehmen profitiert von einem De­lis­ting von der Börse, einer Kapitalerhöhung und einer Wandelanleihe für eine Toch­ter­ge­sell­schaft.

Private Equity unterstützt Unternehmen auch in besonderen Situationen

Eine typische Private-Equity-Transaktion findet in Form eines Le­ve­raged Buy­outs statt: Ein Private-Equity-Fonds übernimmt die Mehrheit der Anteile an einem Ziel­un­ter­nehmen mithilfe von Fremd­ka­pi­tal. Im Anschluss kann der Manager dann verschiedene stra­te­gische Verbesserungen implementieren und schließlich das Unternehmen zu einem höheren Preis weiterverkaufen. Eine solche Trans­ak­tions­struk­tur ist aber nicht immer die richtige. In vielen Fällen ist es hilfreicher, durch eine komplexere Struktur die spezifischen Bedürfnisse und Möglichkeiten der Ziel­un­ter­nehmen bestmöglich auszuschöpfen.

Ein aktuelles Beispiel für eine solche komplexe Transaktion bietet das Investment des amerikanischen Private-Equity-Managers KKR in das deutsche Raum­fahrt­un­ter­nehmen Otto Hydraulik Bremen (OHB). OHB ist spezialisiert auf die Entwicklung und den Bau von Satelliten und anderen Technologien für die Raumfahrt, einschließlich solcher, die in der ISS und im europäischen Sate­lli­ten-Na­vi­ga­tions­sys­tem Galileo verwendet werden. Mit über 3.000 Mitarbeitern erwirtschaftete das Unternehmen im vergangenen Jahr mehr als eine Milliarde Euro Umsatz.

Galileo Sa­te­lli­ten-Na­vi­ga­tions­sys­teme von OHB

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Quelle: OHB

Was macht die Transaktion so besonders?

Take-Private der gelisteten Anteile

OHB hatte bisher lediglich einen Teil seiner Anteile öffentlich gelistet: 30 Prozent der Aktien von OHB wurden an der Börse gehandelt, die restlichen 70 Prozent verblieben in der Hand der Grün­der­fa­milie Fuchs. KKR hat sich nun bereit erklärt, die kompletten 30 Prozent der öffentlich gehandelten Anteile zu einem Preis von 44 Euro pro Aktie auf­zu­kau­fen. Als Grund für den Rückzug von den Märkten hat die Familie Fuchs eine Tatsache angeführt, die für viele Unternehmen ein großes Problem darstellt: Eine Listung an einer Börse ist mit einer Vielzahl an Kosten verbunden. Die bör­sen­recht­li­chen Berichtspflichten sind mit großem Aufwand verbunden. Wenn sich also die Aktie nicht wie erhofft entwickelt, können die Kosten einer Listung den Nutzen überwiegen. Dies war auch bei OHB der Fall. Durch den Einstieg von KKR und durch die Übernahme aller öffentlich gehandelten Anteile kann dieses Problem gelöst werden, ohne durch ein eigenes Rück­kauf­pro­gramm signifikante Verluste einfahren zu müssen. So eröffnet KKR OHB eine Möglichkeit, sich wieder vom Bör­sen­par­kett zu verabschieden.

Die Kapitalerhöhung

Zusätzlich zum Kauf der Aktien plant KKR eine Ka­pi­tal­er­höhung um zehn Prozent, also etwa 77 Millionen Euro. Dadurch erhöht der Manager seinen finalen Anteil am Unternehmen auf etwa 34,1 Prozent. Der relativ hohe Anteil von KKR spiegelt den Wandel im Markt für kommerzielle Raumfahrt und Raum­fahrt­tech­nik wider: Neben einem stetigen Wachstum der Branche erfolgte in den letzten Jahren ein Pa­ra­dig­men­wechsel bei der Herangehensweise bei der Vergabe von Projekten. Statt wie früher rein auf staatliche Zulieferer zu setzen, werden viele Projekte mittlerweile öffentlich ausgeschrieben. Die privaten Unternehmen können dann in einem Wettbewerb ihre Vorschläge einreichen. Die Raum­fahrt­agen­turen wählen dann ein bis zwei der vielversprechendsten Pläne beziehungsweise Unternehmen aus. Von dieser Entwicklung profitieren Privatunternehmen wie SpaceX, Blue Origin, und eben auch OHB. Auch aus diesem Grund werden private Raum­fahrt­un­ter­nehmen für Kapitalgeber immer interessanter.

Die Wandelanleihen

Der letzte Teil der Transaktion beinhaltet die Ausgabe von Wan­del­an­leihen von KKR an ein Toch­ter­un­ter­nehmen von OHB. Eine Wan­del­an­leihe ist eine Anleihe, bei der am Ende der Laufzeit statt einer Rückzahlung eine Umwandlung in Anteile erfolgen kann. KKR stellt dem Start-up Rocket Factory, das derzeit an einer Trä­ger­rakete für kleine Satelliten arbeitet, 30 Millionen Euro zur Verfügung. Das Unternehmen plant, mit dem zusätzlichen Kapital noch für dieses Jahr einen Erstflug in den Weltraum zu realisieren. Die Flexibilität, die eine Wan­del­an­leihe im Hinblick auf die zukünftige Li­qui­di­täts­situ­ation bei einem noch sehr jungen Start-up bietet, ist ein sehr großer Vorteil: Denn mangelt es Rocket Factory am Ende der Laufzeit an Liquidität, um die Anleihe zurückzuzahlen, oder ist es aus strategischer Sicht sinnvoller, kann KKR sich entscheiden, die Anleihe in Aktien umzuwandeln.

Gut zu wissen: Das Beispiel OHB zeigt, wie eine komplexere Deal-Struktur in manchen Fällen gegenüber dem traditionellen Kauf von Un­ter­neh­mens­an­teilen Vorteile haben kann: Eine klassische mehrheitliche Übernahme hätte der Gründer­fa­milie einen Großteil seiner Unabhängigkeit und seiner Ent­schei­dungs­kraft genommen. Außerdem hätte vermutlich keine Kapitalerhöhung stattgefunden und das Tochter-Start-up wäre leer ausgegangen. Durch die eingeräumte Flexibilität macht sich KKR im Fall von OHB zum präferierten Partner für die Ei­gen­tü­mer­fa­milie.

Hinweis: Investitionen in Private Equity richten sich nur an erfahrene Anleger, die in der Lage sind, mindestens 200.000 Euro zu investieren. Vergangene Wertentwicklung ist kein Indikator für künftige Entwicklung.