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Gold: Was hinter dem ra­sa­n­ten An­stieg steckt

LIQID Smart Letter

Juni 2024

Das Wichtigste in Kürze:

  • Der Goldpreis ist vor allem in den letzten Monaten rasant angestiegen.
  • Das Edelmetall ist in östlichen Ländern wie China und Indien besonders beliebt geworden, sowohl bei den Regierungen als auch bei Privatanlegern.
  • Zudem spielen ökonomische Faktoren wie der Zinszyklus und Inflation eine bedeutende Rolle bei der Entwicklung des Goldpreises.

In einer überraschenden Wendung der Ereignisse ist der Goldpreis in den letzten Monaten erheblich gestiegen und trotzt damit den konventionellen Erwartungen, die durch das wirtschaftliche Umfeld des Jahres 2024 gesetzt wurden. Normalerweise schaffen steigende Zinsen und ein starker US-Dollar eine ungünstige Umgebung für Gold. 

Die Rolle der Zentralbankkäufe

Einer der Haupttreiber für den steigenden Goldpreis ist die erhöhte Nachfrage von Zentralbanken weltweit. Laut dem kürzlich veröffentlichten „In Gold We Trust"-Report des liechtensteinischen Vermögensverwalters Incrementum sind die Käufe von Zentralbanken seit dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine signifikant angestiegen (s. Abb. 1). Dieser Trend hat an Bedeutung gewonnen, seit westliche Regierungen die Reserven der russischen Zentralbank eingefroren haben. Insbesondere die People's Bank of China hat seit 2022 etwa 800 Tonnen Gold erworben. Diese Zahlen umfassen jedoch nicht die Goldbestände aus der inländischen Produktion.

Quelle: LIQID, World Gold Council. Jährliche Gold-Nettokäufe in Tonnen der Zentralbanken. Bisher wurden für das Jahr 2024 nur die Nettokäufe des ersten Quartals berechnet. Zeitraum: 01.01.2010 – 31.03.2024.

Private Investoren und wirtschaftliche Unsicherheiten

Auch private Investoren aus Schwellenländern tragen erheblich zur physischen Goldnachfrage bei. Gemäß Louis-Vincent Gave von der Hongkonger Research-Boutique Gavekal stammen etwa 30 Prozent der physischen Goldnachfrage aus China, weitere 25 Prozent aus Indien und 20 Prozent aus dem Nahen Osten. 

In Indien führt der Wirtschaftsboom zu einer erhöhten Nachfrage nach Gold. Gleichzeitig haben in China private Haushalte Gold wieder als Investitionsmöglichkeit entdeckt. Zwei Hauptgründe dafür sind: (1) In der heimischen Währung Yuan gerechnet, hat Gold in den letzten Jahren eine wesentlich bessere Performance gezeigt als der chinesische Aktienmarkt (s. Abb. 2); (2) Die andauernde Immobilienkrise in China mit Immobilienpreis-Abschlägen um die 15 bis 30 Prozent in Städten außerhalb der Metropolen Peking und Shanghai. 

Quelle: LIQID, Bloomberg. Shanghai Composite: Shanghai Shenzhen CSI 300 Index. Gold: LBMA Gold Price. Renditen indexiert und in der chinesischen Währung Yuan (CYN). Zeitraum: 01.06.2004 – 01.06.2024.

In westlichen Ländern gibt es für Anleger andere Gründe für Goldzukäufe. Privatanlegern ist die hohe Verschuldung vieler staatlicher Institutionen nicht mehr geheuer und sie suchen daher in Gold ihren sogenannten „sicheren Hafen.”

Ökonomische Faktoren: Zinszyklus und Inflation

Der Zinszyklus spielt ebenfalls eine Rolle bei der Entwicklung des Goldpreises. In den 24 Monaten nach der letzten Zinserhöhung der US-Notenbank FED ist der Goldpreis in der Vergangenheit stets deutlich gestiegen. 

Quelle: LIQID, Bloomberg. US-Leitzinsen in Prozent: Federal Funds Rate; Gold in USD: LBMA Gold Price. Zeitraum: 01.01.2000 – 01.06.2024.

Zudem gilt Gold als Krisenwährung und profitiert von hohen Inflationsraten. Die vergangenen Jahre wurden von vielen Krisen wie der COVID-Pandemie, dem Krieg in der Ukraine und dem Konflikt zwischen Israel und der Hamas geprägt, die die Inflation rasant und später den Goldpreis anstiegen ließen. Allerdings hat die Inflation auch zu hohen Zinsanstiegen geführt und diese sind üblicherweise ein schlechtes Omen für den Goldpreis. Denn je höher die Zinsen, desto höher sind die Opportunitätskosten der Goldhaltung, was in der Regel zu einem niedrigeren Goldpreis führt. 

Ein weiterer Faktor für den steigenden Goldpreis ist das begrenzte Angebot. Die Förderung von Gold ist teurer geworden, was teilweise auf die Einhaltung von Umwelt-, Sozial- und Governance-Standards (ESG) zurückzuführen ist. Diese erhöhten Kosten führen zu einer geringeren Produktionsmenge, was in Kombination mit der steigenden Nachfrage den Preis weiter in die Höhe treibt.

Was bedeutet das für Anleger?

Für Anleger bleibt Gold als Krisenwährung weiterhin attraktiv. Trotz der hohen Entwicklung der letzten Jahre sollte die langfristige Performance von Gold nicht überbewertet werden. Historisch gesehen haben Aktien seit 1975 eine deutlich bessere Wertentwicklung gezeigt. Gold eignet sich daher gut als Beimischung im Portfolio, jedoch eher in einstelligen Prozentanteilen. Der Vorteil von Gold liegt vor allem in der niedrigen Korrelation mit Aktien, wodurch es in Marktabschwüngen, wie zum Beispiel bei Finanzkrisen, als eine Art „Versicherung“ dient.