Taktische Positionierung: Hochzinsanleihen und Liquidität nun „Neutral”
LIQID Smart Letter
April 2024
Das Wichtigste in Kürze:
- Die US-Wirtschaft zeigt sich weiterhin solide und eine Rezession scheint unwahrscheinlich. Die Erwartungen an Zinssenkungen wurden auch deshalb deutlich von sechs auf drei reduziert.
- Die Wirtschaftslage in Europa bleibt angespannt. Die EZB steht unter Druck und könnte zur Unterstützung die Leitzinsen ab Juni senken, abhängig von der Inflationsentwicklung.
- Im März haben wir unsere strategische Allokation neu ausgerichtet und positionieren uns taktisch neutral. Gegenüber der bisherigen Positionierung bedeutet das insbesondere eine Reduktion der Liquidität zu Gunsten einer höheren Allokation in Hochzinsanleihen.
Die US-Wirtschaft blieb auch im März in guter Verfassung und eine Rezession in den USA scheint derzeit sehr unwahrscheinlich. Die Anzeichen deuten weiterhin auf eine „weiche Landung” mit der Möglichkeit eines „No-Landing”-Szenarios hin. Insgesamt gehen wir davon aus, dass das Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal etwas schwächer ausfallen wird als zum Jahresende. In der zweiten Jahreshälfte dürften die sinkenden Leitzinsen den Konsum in den USA stützen, so dass wir derzeit von einer leichten Beschleunigung der Wachstumsraten zum Jahresende ausgehen.
Aus heutiger Sicht hängt also viel von der Geldpolitik der US-Notenbank FED im laufenden Jahr ab. An dieser Stelle sei daran erinnert, dass die Kapitalmärkte zu Beginn des Jahres nicht weniger als sechs Zinssenkungen erwartet hatten. In den letzten Wochen mussten die Erwartungen aber deutlich korrigiert werden. Aktuell werden gerade einmal noch drei Zinssenkungen eingepreist. Die Aussagen von der FED-Spitze an der letzten Sitzung im März lassen diese Einschätzung realistisch erscheinen und FED-Gouverneur Jerome Powell bestätigte die aktuellen Markterwartungen.
Währenddessen bleibt die Lage in der Eurozone schwierig. Die jüngste Einkaufsmanagerumfrage in Deutschland hat erneut die schwache Verfassung von Europas größter Volkswirtschaft verdeutlicht. Die Wahrscheinlichkeit einer Rezession im Euroraum bleibt daher hoch. Generell zeichnet sich zunehmend das Bild einer Wirtschaftsregion mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten ab. Während Spanien von einer sehr positiven Entwicklung im Tourismus profitiert, gibt es in Deutschland kaum Anzeichen für eine wirtschaftliche Erholung. Alle Erwartungen richten sich daher auf die Europäische Zentralbank (EZB). Laut Notenbankchefin Christine Lagarde könnte die EZB im Juni mit der Senkung der Leitzinsen beginnen. Voraussetzung ist, dass die Inflationsdaten den Erwartungen der EZB entsprechen. Unserer Einschätzung nach erscheint diese Erwartung realistisch und die Inflation könnte sich bereits in der zweiten Jahreshälfte in Richtung der Zielratevon 2 Prozent bewegen.
Die Schwäche des verarbeitenden Gewerbes, gemessen an den Einkaufsmanagerindizes, in den Euroländern setzt die EZB zunehmend unter Handlungsdruck. Überraschend preschte die Schweizerische Nationalbank vor und leitete den neuen geldpolitischen Lockerungszyklus mit einer überraschenden Zinssenkung um 25 Basispunkte ein. Wir gehen derzeit davon aus, dass die EZB vier Zinssenkungen vornehmen wird, wobei im Falle einer tieferen Rezession auch weitere möglich sind.
Taktische Positionierung
Im März haben wir unsere strategische Allokation neu ausgerichtet und positionieren uns zunächst taktisch neutral. Die guten Wirtschaftsdaten in den USA rechtfertigen den daraus resultierenden Abbau von Liquidität und Zukauf von Hochzinsanleihen. Insbesondere, da wir die Wahrscheinlichkeit einer Rezession im Jahr 2024 und einer damit zwangsläufig einhergehenden Ausweitung der Kreditrisikoprämien („Spreads“) geringer einschätzen als noch zu Jahresbeginn. Wir gehen daher davon aus, dass die nach wie vor attraktiven absoluten Renditen einen ausreichenden Puffer für die von uns erwartete moderate Ausweitung der Kreditaufschläge bieten.
Aufgrund der geringen Risikoaufschläge reduzieren wir aber insgesamt das Gewicht in Hochzinsanleihen und allozieren einen größeren Portfolioanteil in europäische Staatsanleihen und Hedgefonds. Weitere strategische Anpassungen sind ein leicht höheres Gewicht in US-Aktien auf Kosten des europäischen Aktienanteils.
Aktien: Aktienmärkte sind nicht aufzuhalten
Die Börsen setzten ihre starke Performance im März fort. Der US-Index S&P 500 erreichte in den letzten Tagen neue historische Höchststände. In den USA könnte eine Verbesserung des Kreditzyklus und der Geschäftsbedingungen den Aktienmärkten zusätzlichen Rückenwind verleihen.
Die starke Performance birgt jedoch das Risiko, dass die Rally bereits zu weit gegangen ist. Aus unserer Sicht preist der S&P 500 Index mittlerweile einen US PMI Composite (Einkaufsmanagerindex) von über 54 Punkten ein, was eine Expansion der Wirtschaftsaktivität signalisiert. Der aktuelle Wert liegt bei 50,3. Dies bedeutet, dass derzeit ein gewisser Optimismus in die Bewertungen eingepreist ist, was kurzfristig zu einem erhöhten Rückschlagpotenzial führen dürfte. Unseres Erachtens ist die Stimmung an den Börsen zwar optimistisch, aber nicht euphorisch genug, um ein gegenläufiges Verkaufssignal auszulösen.
Wenn sich die erwarteten Gewinnaussichten für den breiten Markt verbessern, wird das Gewinnwachstum auch zu niedrigeren Bewertungsmultiplikatoren verfügbar. Value-Aktien bieten dann Aufholpotenzial. Profiteure könnten dann beispielsweise der Finanz- sowie Energiesektor sein. Generell scheinen im aktuellen Umfeld „Produzenten” interessanter als „Konsumsektoren” zu sein.
Anleihen: Wenig Bewegung an den Anleihenmärkten
In den letzten Wochen sorgten eine Reihe von Notenbankentscheiden für Überraschungen, wie etwa die historische Abkehr der Bank of Japan von ihrer Negativzinspolitik und die erste Zinssenkung der Schweizerischen Nationalbank. Die Markterwartungen hinsichtlich Zinserhöhungen bleiben volatil, wir rechnen jedoch mit ersten Zinslockerungen der FED und der EZB gegen Ende des zweiten Quartals. Wir erwarten Zinssenkungen von 75 Basispunkte von der FED und 100 Basispunkte von der EZB für 2024, was immer noch einem „Soft-Landing”-Szenario entspricht. Auf Sicht von sechs bis zwölf Monaten ist eine moderat steilere USD- und EUR-Kurve sehr wahrscheinlich, wobei das kurze Ende sinkt und das lange Ende in der Nähe des aktuellen Niveaus bleibt. Dies spricht dafür, unsere Duration nahe der Marktduration zu halten.
Was heißt das für LIQID Select?
Auf Ebene der Anlageklassen richten wir uns neutral aus und gehen keine Über- und Untergewichtungen ein. Abweichungen zur strategischen Allokation im Modellportfolio bewegen sich innerhalb der erlaubten Bandbreiten. De facto haben wir die Liquiditätsquote zugunsten von Hochzinsanleihen weiter reduziert. Wir behalten damit eine breite Allokation bei, die sich aus unseren langfristigen Prognosen ableitet. Zum jetzigen Zeitpunkt sind wir der Meinung, dass wir mit unserer strategischen Vermögensallokation (Strategische Asset Allokation, SAA) aus Sicht des Portfolios an den Kapitalmärkten gut positioniert sind.
Unsere Kernüberzeugungen spiegeln sich in der SAA wider: (1) langfristiges Denken; (2) Bedeutung von aktivem Managements; (3) Diversifikation; (4) Einsatz alternativer Anlagen, um eine Outperformance zu erzielen, aber auch um die Diversifikation zu erhöhen; (5) Erstellung eines robusten Basisszenarios; (6) Einsatz einer robusten Portfoliooptimierung, einschließlich Definition von Alternativszenarien.